Nahaufnahme einer Person, die Diagramme und Schaubilder mit einem Stift analysiert

EU-Omnibus-Paket: Empfehlungen von EY-Experten für den Mittelstand

Omnibus-Paket der EU-Kommission zur nichtfinanziellen Berichterstattung bringt wesentliche Vereinfachungen für den Mittelstand.


Überblick

  • Die EU-Kommission schlägt ein Omnibus-Paket mit Gesetzesänderungen vor, um den Bürokratieaufwand zu vermindern und die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern.
  • Das Omnibus-Paket umfasst Erleichterungen für die CSRD, CSDDD und die EU-Taxonomie-Verordnung.
  • Großunternehmen profitieren von weiteren Erleichterungen wie der Verschiebung des EU-Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes und reduzierten Berichtspflichten.

Die EU-Kommission hat am 26. Februar 2025 Vorschläge präsentiert, mit denen die Nachhaltigkeitsberichterstattung vereinfacht und vor allem große Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitern und KMU in Europa von dem wachsenden Regulierungs- und Bürokratieaufwand entlastet werden sollen. Mit der Omnibus-Initiative will die Kommission Investitionen freisetzen, die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen stärken und die Klimaschutzziele des europäischen Green Deal erreichen.

Der Verwaltungsaufwand für Firmen soll nach den Plänen um mindestens 25 Prozent verringert werden, für KMU sogar um mindestens 35 Prozent. Die Verschlankungen sollen jährlich 6,3 Milliarden Euro an Verwaltungskosten einsparen und zusätzliche Investitionen in Höhe von rund 50 Milliarden Euro freisetzen.

Das neue Omnibus-Paket enthält Erleichterungen bei der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und der EU-Taxonomie-Verordnung.

Die EY-Nachhaltigkeitsexperten Ev Bangemann und Andreas Rieß erklären im Interview, was große Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitern und KMU im Zuge der Transition beachten sollten.

Der Omnibus-Entwurf sieht vor, dass etwa 80 Prozent der Unternehmen in der EU mit weniger als 1.000 Beschäftigten oder weniger als 50 Millionen Euro Umsatz künftig keine CSRD-Berichte mehr erstellen müssen. Heißt das, diese Firmen können sich nun zurücklehnen?

Ev Bangemann: Im Gegenteil. Auch bei Unternehmen, die künftig nicht mehr in den CSRD-Anwendungsbereich fallen, kann weiterhin der Fall eintreten, dass sie als Teil einer Lieferkette Informationen zur Nachhaltigkeit ihrer Geschäftstätigkeit zur Verfügung stellen müssen. Die EU-Kommission will dafür über einen delegierten Rechtsakt einen freiwilligen Berichtsstandard bereitstellen, der sich an dem VSME-Standard für KMU (Voluntary Sustainability Reporting Standard for SMEs) orientiert. Auf diesen Standard sollen die Informationen, die Unternehmen oder Banken von Firmen in ihrer Wertschöpfungskette mit bis zu 1.000 Beschäftigten verlangen können, begrenzt werden. 

EU-Kommission/Omnibus-Paket
der Unternehmen sollen vom Anwendungsbereich der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) ausgenommen werden.

KMU und kleine Midcap-Unternehmen werden bislang im Vergleich zu größeren Unternehmen unverhältnismäßig stark durch die CSRD-Vorschriften belastet. Entsteht mit dem VSME nicht wieder ein zusätzlicher Aufwand?

Andreas Rieß: Nein. Um einen „Trickle-down“- oder Dominoeffekt von Berichtsanforderungen für kleinere Unternehmen entlang der Lieferkette zu reduzieren, wird im Omnibus-Entwurf eine maximale Obergrenze festgelegt. Demnach dürfen im VSME nur noch rund 100 Datenpunkte von den Firmen abgefragt werden. Der freiwillige Standard wird damit zu einer Art Schutzschild oder einem „Wertschöpfungsketten-Limit“ für nicht in den Anwendungsbereich der CSRD fallende Unternehmen.
 

Gibt es Erleichterungen für Firmen, die nach Omnibus weiter unter die CSRD fallen?

 

Ev Bangemann: Für Firmen, die erstmals ab 2025 nach der CSRD Bericht erstatten müssten, wurde ein „Stop the clock“-Mechanismus eingeführt. Das heißt, dass sich die Berichtspflichten für Unternehmen, die noch nicht mit der Umsetzung der CSRD begonnen haben, um zwei Jahre verschieben. Außerdem werden die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) für die Berichterstattung von Unternehmen zu Umweltbezogenem, Sozialem und Unternehmensführung (ESG) überarbeitet. Dabei soll die Anzahl der bislang rund 1.000 Datenpunkte deutlich reduziert werden.

 

Welche weiteren wesentlichen Erleichterungen sind im ersten Omnibus-Entwurf noch geplant?

 

Andreas Rieß: Große Unternehmen sollen entlastet werden, indem das erste Anwendungsjahr des EU-Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) um ein Jahr auf 2028 - für am oder nach dem 1. Januar 2029 beginnende Geschäftsjahre - verschoben wird. Zudem sollen sie ihre Sorgfaltspflichten vorrangig gegenüber direkten Geschäftspartnern ausüben. Unternehmen, die weiter hinten in der Lieferkette stehen, sollen dagegen nur noch dann genauer überprüft werden, wenn sogenannte plausible Informationen über einen Menschenrechtsverstoß vorliegen. Dieses Vorgehen ähnelt dem, was wir bereits jetzt aus dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz kennen. Außerdem wird der Prüfzyklus von einem auf fünf Jahre verlängert. Darüber   hinaus wird noch der CBAM (Carbon Adjustment Mechanism) adressiert und danach sollen mehr als 90 Prozent der KMU, die weniger als 50 Tonnen Stahl, Eisen, Düngemittel, Zement und Aluminium aus Drittstaaten importieren, nicht mehr die dafür ursprünglich vorgegebene Kohlendioxid-Grenzabgabe berechnen müssen.


Und bei der EU-Taxonomie?

 

Andreas Rieß: Die Berichtspflichten nach Artikel 8 der EU-Taxonomie-Verordnung werden verringert und auf Unternehmen mit mehr als 450 Millionen EUR beschränkt. Für Unternehmen bis 450 Millionen EUR, die im Anwendungsbereich der CSRD sind, ist im Omnibus-Entwurf eine freiwillige Taxonomie-Berichterstattung vorgesehen. Zudem werden ein Wesentlichkeitskonzept eingeführt, die Meldebögen vereinfacht und die Datenpunkte deutlich verringert.


Wie geht es nun mit der Omnibus-Initiative in Brüssel weiter?

 

Andreas Rieß: Die Omnibus-Vorschläge gehen nun an das Europäische Parlament und den Europäischen Rat, die darüber beraten und entscheiden werden. Die geplanten Änderungen der Richtlinie über Nachhaltigkeitsberichterstattung, der Richtlinie über Sorgfaltspflichten und des CO2-Grenzausgleichssystems treten in Kraft, sobald die beiden gesetzgebenden Organe eine Einigung erzielt haben und diese im Amtsblatt veröffentlicht wurden. Die Kommission verlangt, dass beide Organe das Omnibus-Paket vorrangig behandeln. Das wurde für den „Stop the clock“-Mechanismus bereits beherzigt. Die inhaltlichen Änderungen zur EU-Taxonomie erwarten wir bereits Ende Juni 2025. Für die inhaltliche Ausgestaltung der Omnibus-Vorschläge erwarten wir längere Diskussionen, sodass mit einem Abschluss des Verfahrens erst nach dem Herbst 2025 zu rechnen ist. Die überarbeitete CSRD muss dann zeitnah in nationales Recht umgesetzt werden beziehungsweise bestehende Umsetzungen sollen überarbeitet werden. Um Rechtssicherheit zu erzielen, sollte dies noch bis Ende des Jahres erfolgen. In Deutschland liegt für die Umsetzung der CSRD bislang weiterhin nur ein Regierungsentwurf vor. Andere Länder wie Frankreich, Irland oder Italien haben sie bereits umgesetzt.

EU-Omnibus-Initiative: Änderungen und Auswirkungen

Am 26. Februar präsentierte die EU-Kommission das Omnibus-Paket mit Vorschlägen zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung, einschließlich EU-Taxonomie, CSRD, CS3D und CBAM. Die Änderungen betreffen Strategie und Berichterstattung von Unternehmen. Erfahren Sie mehr über die Auswirkungen und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten.

Ist noch mit wesentlichen Änderungen bei den Omnibus-Vorschlägen zu rechnen?

 

Ev Bangemann: In dem Abstimmungsprozess wird es sicherlich noch zu Anpassungen kommen. So könnte die Zahl der Beschäftigten in den Unternehmen, die aus der CSRD-Richtline ausgenommen werden, von 1.000 auf 750 gesenkt werden. Welchen Einfluss das Europäische Parlament und der Rat auf die Pläne nehmen werden, ist noch nicht absehbar. Wir gehen aber davon aus, dass die Vorschläge weitestgehend angenommen werden. Dies wäre auch begrüßenswert, denn dadurch erhalten die Unternehmen Rechts- und Planungssicherheit.
 

Was sollten KMU nun tun?

 

Andreas Rieß: Zwar bleibt eine gewisse rechtliche Unsicherheit in den nächsten Monaten bestehen, die Firmen sollten aber nicht abwarten, sondern sich jetzt bereits auf die Veränderungen einstellen. Wir schlagen einen phasenweisen Ansatz vor:

Zunächst empfehlen wir die Implementierung des VSME als „High-Impact Actions“. Unternehmen sollten zeitnah ermitteln, wie sie die knapp 100 Datenpunkte aus diesem Standard bereitstellen können. Dies wird in jedem Fall von Nutzen sein, unabhängig davon, wie die weitere Diskussion über den Omnibus-Vorschlag verläuft.

 

Unternehmen, die in der angepassten CSRD nicht mehr direkt zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind, können so als Lieferanten flexibel auf die Datenanforderungen ihrer Geschäftskunden reagieren. Die zügige Umsetzung des VSME kann hier sogar als Wettbewerbsvorteil dienen.

 

Unternehmen, die in der angepassten CSRD erst ab 2027 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind, können durch die Implementierung des VSME die Phase der rechtlichen Unsicherheit bis zur Umsetzung der Omnibus-Vorschläge überbrücken. Der VSME kann so als ein Sprungbrett dienen, das eine Erweiterung in eine vollständige Berichterstattung nach CSRD oder internationalen Richtlinien flexibel möglich macht.

 

Was generell für alle Unternehmen gilt: Es ist immer sinnvoll, die wichtigsten Auswirkungen, Risiken und Chancen von Nachhaltigkeitsthemen auf das Geschäftsmodell zu analysieren und eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse durchzuführen. Denn die unmittelbaren finanziellen Auswirkungen von Nachhaltigkeitsthemen auf das Unternehmen bleiben auch unabhängig von der Pflicht zur Berichterstattung bestehen und sollten im Sinne der guten Unternehmensführung auch adäquat berücksichtigt werden.

 

Ev Bangemann: Die letzte Aussage möchte ich unterstreichen. Es geht hier um die Sicherung des Fortbestands und der positiven Weiterentwicklung jedes Unternehmens. Das setzt voraus, dass finanzielle Risiken frühzeitig erkannt werden. Es ergibt wenig Sinn, es darauf ankommen zu lassen, dass Einkaufspreise überraschend steigen, weil zum Beispiel durch Unwetter oder durch Insektensterben und damit mangelnde Früchte die Ernte einbricht oder eine Versicherung Policen kündigt, weil der Standort für das Unternehmen des Zulieferers aus deren Sicht nicht mehr wirtschaftlich versicherbar ist. 

Ist noch mit wesentlichen Änderungen bei den Omnibus-Vorschlägen zu rechnen?

Ev Bangemann: In dem Abstimmungsprozess wird es sicherlich noch zu Anpassungen kommen. So könnte die Zahl der Beschäftigten in den Unternehmen, die aus der CSRD-Richtline ausgenommen werden, von 1.000 auf 750 gesenkt werden. Welchen Einfluss das Europäische Parlament und der Rat auf die Pläne nehmen werden, ist noch nicht absehbar. Wir gehen aber davon aus, dass die Vorschläge weitestgehend angenommen werden. Dies wäre auch begrüßenswert, denn dadurch erhalten die Unternehmen Rechts- und Planungssicherheit.

Was sollten KMU nun tun?

Andreas Rieß: Zwar bleibt eine gewisse rechtliche Unsicherheit in den nächsten Monaten bestehen, die Firmen sollten aber nicht abwarten, sondern sich jetzt bereits auf die Veränderungen einstellen. Wir schlagen einen phasenweisen Ansatz vor:

Zunächst empfehlen wir die Implementierung des VSME als „High-Impact Actions“. Unternehmen sollten zeitnah ermitteln, wie sie die knapp 100 Datenpunkte aus diesem Standard bereitstellen können. Dies wird in jedem Fall von Nutzen sein, unabhängig davon, wie die weitere Diskussion über den Omnibus-Vorschlag verläuft.

Unternehmen, die in der angepassten CSRD nicht mehr direkt zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind, können so als Lieferanten flexibel auf die Datenanforderungen ihrer Geschäftskunden reagieren. Die zügige Umsetzung des VSME kann hier sogar als Wettbewerbsvorteil dienen.

Unternehmen, die in der angepassten CSRD erst ab 2027 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind, können durch die Implementierung des VSME die Phase der rechtlichen Unsicherheit bis zur Umsetzung der Omnibus-Vorschläge überbrücken. Der VSME kann so als ein Sprungbrett dienen, das eine Erweiterung in eine vollständige Berichterstattung nach CSRD oder internationalen Richtlinien flexibel möglich macht.

Was generell für alle Unternehmen gilt: Es ist immer sinnvoll, die wichtigsten Auswirkungen, Risiken und Chancen von Nachhaltigkeitsthemen auf das Geschäftsmodell zu analysieren und eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse durchzuführen. Denn die unmittelbaren finanziellen Auswirkungen von Nachhaltigkeitsthemen auf das Unternehmen bleiben auch unabhängig von der Pflicht zur Berichterstattung bestehen und sollten im Sinne der guten Unternehmensführung auch adäquat berücksichtigt werden.

Ev Bangemann: Die letzte Aussage möchte ich unterstreichen. Es geht hier um die Sicherung des Fortbestands und der positiven Weiterentwicklung jedes Unternehmens. Das setzt voraus, dass finanzielle Risiken frühzeitig erkannt werden. Es ergibt wenig Sinn, es darauf ankommen zu lassen, dass Einkaufspreise überraschend steigen, weil zum Beispiel durch Unwetter oder durch Insektensterben und damit mangelnde Früchte die Ernte einbricht oder eine Versicherung Policen kündigt, weil der Standort für das Unternehmen des Zulieferers aus deren Sicht nicht mehr wirtschaftlich versicherbar ist. 


Fazit

Die EU-Kommission will Unternehmen von dem hohen Bürokratieaufwand durch Nachhaltigkeitsberichts- und Sorgfaltspflichten entlasten. Dazu wurde mit dem Omnibus-Entwurf ein erstes Paket vorgestellt, das sich vor allem auf die CSRD, die EU-Taxonomie und die CSDDD bezieht. Unternehmen sollten sich zeitnah auf die Vereinfachungen im Rahmen ihrer Berichts- und Sorgfaltspflichten einstellen, damit sie diese zügig umsetzen können. Zusätzlich sollten sie ihre nachhaltige Transformation vorantreiben, um die Wünsche von Stakeholdern zu erfüllen und ihre Wettbewerbsposition zu stärken. Langfristig dürften durch den sinkenden Bürokratieaufwand neue Ressourcen bei den Mitarbeitenden freigesetzt, Kosten reduziert und Investitionen in zukunftsorientierte Technologien ermöglicht werden.


Mehr zum Thema

Omnibus-Initiative: Worauf sich Unternehmen einstellen müssen

Die EU-Kommission hat ihre Omnibus-Vorschläge zur Vereinfachung von CSRD, CS3D und EU-Taxonomie veröffentlicht. Jetzt mehr erfahren!

EY Sustainability Webcast: Das Europäische Omnibus-Verfahren

EY-Webcast: Das Europäische Omnibus-Verfahren 5.03.2025

    Über diesen Artikel

    Autoren